Iran 2022 Teil 2

24.04.2022 die nächsten 5 Tage habe ich bei einer Agentur gebucht. Individuell für mich zusammengestellt. Ich wollte etwas mehr in das Zagros-Gebirge vordringen und hauptsächlich den Zard Kuh (gelber Berg) besteigen. Man hatte mich gewarnt, dass eventuell noch zu viel Schnee liegt. Hatte zumindest schwere Bergschuhe und Steigeisen dabei. Zunächst ging es aber in ein abgelegenes Dorf nach Sar Agha Seyed. Die Geschichte des Dorfes also von wem und wann gegründet ist unbekannt, aber nachweislich über 600 Jahre alt. Und soweit fühlt man sich zurückversetzt wenn man dort ankommt. Es sieht unglaublich aus. Selbst die Iraner, auch mein Bergführer, sind beeindruckt und geschockt. Die Menschen dort lebten Jahrhunderte total isoliert, eingeschlossen von hohen Bergen und weit weg von anderen Siedlungen. Auch heute noch ist das Dorf im Winter für etwa 5-6 Monate isoliert. Die 40km lange Schotterstrasse die erst in den 1990ger Jahren gebaut wurde, ist dann unpassierbar.

Es leben wohl noch über 1000 Menschen dort. Alle sind sie natürlich miteinander verwandt. Neben der Schotterpiste gibt es seit 4 Jahren Strom und Telefon… und der Islam ist auch erst kürzlich vorgedrungen. Inzwischen gibt es auch Häuser aus Beton und Ziegel, Türen aus Metall und Müllbehälter… aber die meisten leben noch in diesen alten Hütten, welche übereinander gebaut sind. Die Dächer bilden das Fundament der darüberliegenden Häuser, sowie sind Fußweg zugleich. Die Wohnräume haben meist keine Fenster. Der Vorraum ist die Küche, wo offenes Feuer gemacht wird, ohne Abzug, nur die Tür nach Außen wird geöffnet. Die Nutztiere leben in einen Raum daneben oder auch mit in der Wohnung, bzw. die Menschen leben im Stall. Diese Bauweise und Anlage des Dorfes hatte natürlich seine Vorteile im Winter. Anderseits gab auch kein Platz in diesen engen Tal um weitläufiger zu bauen.

Einerseits ein Paradies, anderseits ein sehr sehr entbehrungsreiches Leben. Es geht und ging immer nur ums überleben. Aber wie schon bei den abgelegenen Dörfern im Amazonas-Gebiet, hatte ich den Eindruck von sehr glücklichen Kindern.

26.04.2022 Wegen der Schneeverhältnisse am Berg Zard Kuh und auch wegen der instabilen Wetterlage, haben wir uns für die Wanderung zum Zard Limeh Wasserfall entschieden. Eine 6-7 Stunden Wanderung durch Täler und Höhen des Zagros-Gebirges, immer durch das Weidegebiet der Nomaden. Das Auto haben wir beim Fährmann abgestellt. Er „bedient“ eine ganz besondere Fähre und das schon seit 40 Jahren. Mit Luft gefüllte Schafshäute.

Unterwegs treffen wir immer wieder auf Nomaden mit ihren Herden. Mit Zelt, Schlafsack, Kochutensilien und Verpflegung, war der Rucksack recht schwer und die Wanderung mit ca. 1200 Höhenmetern ziemlich anstrengend. Zelt war gerade aufgebaut und Essen gekocht, zogen einige Gewitter über uns hinweg. Nach 3 Stunden im Zelt verharren, haben wir dann sogar noch ein Lagerfeuer in Gang bekommen. Wir wollten ja noch unsere Wanderschuhe von der Flussüberquerung trocknen.

27.04.2022 Nach wieder 6h Wanderung zurück nach Gazstan und widerum einer Überfahrt mit der „Fähre“, ging es dann durch eine wunderschöne landschaft des Zagros-Gebirge zum Shimbar-See. Dort hatten wir einen Bungalow gebucht.

28.04.2022 auf der Rückfahrt nach Schahr -e-Kord. Wir mußten über einige Pässe, worüber auch viele Nomaden mit ihren Tieren zogen, hin zu grüneren Weidegebieten für den Sommer. Einiges Gepäck wurde auf Eseln oder Pferden transportiert. Oft aber gibt es einen blauen Nissan als Begleitfahrzeug. Andere modernere Nomaden transportieren auch ihr Vieh per LKW zu neuen Weidegebieten.

29.04.2022 gestern Abend war ich noch in Esfahan angekommen, Donnerstag Abend, also Wochenende. Der Verkehr war noch chaotischer als sonst. Ein Stellplatz zu finden fast aussichtslos. Etwas weiter weg vom Zentrum hat es dann geklappt. Noch nah genug um mir heut einige Sehenswürdigkeiten zu Fuß anzuschauen

30.04.2022 hHeut morgen war ich mit Ehsan bei der Ausländerbehörde (Immigration office). Ohne eine Hilfe die Farsi spricht ist es fast unmöglich dort zurechtzukommen. jedenfalls hat man mir gesagt, dass die Bearbeitung wegen der Feiertage etwa 9 Tage dauert. In dieser Zeit würde mein Visum ablaufen und wäre die ganze Zeit ohne Pass, müßte in Esfahan bleiben. Die einzigste Möglichkeit wäre es in Teheran zu versuchen, dort könnte man es an einem Tag bekommen. Der nächste mögliche Tag wäre erst Mittwoch, also einen Tag bevor mein Visum abläuft. Montag und Dienstag sind Feiertag und Donnerstag und Freitag dann wieder Wochenende.

Heut schau ich mir noch etwas Esfahan an. Das erste Mal, dass ich sowas wie Tourismus spüre. Hier sind schon einige ausländische Touristen unterwegs und entsprechend mehr wird englisch verstanden und auch Service angeboten, wie Stadtführungen, Ausflüge etc., aber am meisten werden Teppiche angeboten. Die Handgeknüpften kosten dann selbst im Iran schon einige tausend Euro.

3.05.2022 Auf Grund einer Info eines Herrn der Reiseagentur, es könnte auch Dienstag und Mittwoch Feiertag sein, wollte ich schon am Sonntag auschecken und nach Teheran fahren. Dann wäre nämlich Montag das Immigration Office offen. Hatte daraufhin alle meine neuen iranischen Kontakte befragt, alle meinten dass ganz sicher Montag Feiertag ist. Denn so ist es schon seit langen geplant und man kann doch nicht einen Feiertag am Abend zuvor verschieben, meinte auch der Hotelbesitzer. Es geht dabei um die Sichtbarkeit des Mondes, der entscheidet ob die Fastenzeit zu ende ist oder nicht. Tatsächlich wurden die Feiertage um einen Tag verschoben, womit mir keine Gelegenheit mehr bliebe die Visumverlängerung zu beantragen. Entschloss mich also gemütlich Richtung Armenien zu fahren und spätestens Donnerstag den Iran zu verlassen.

Schon froh das Verkehrschaos von Esterfan hinter mich gelassen zu haben, rief mich der Hoteldirektor an und bot an mit mir nochmal auf die Behörde in Esfahan zu gehen. Er hatte vorab mit jemanden von dort gesprochen, nannte es den „back way“. Er versprach dass ich bis Donnerstag das Visum haben könnte. Am ende hatte ich es innerhalb zwei Stunden.

Ein Beispiel für die große Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit der Iraner und besonders auch der Iranerinnen. Leider spürt man bei den Behörden und im Straßenverkehr nicht mehr so viel davon.

Am gleichen Tag bin ich dann noch einige Kilometer Richtung Teheran gefahren. Teheran selbst ist nicht mein Ziel, mehr die Berge herum und das kaspische Meer.

4.05.2022 Kleine MTB Tour zur Damavand Basisstation. Treffe mehrere Bergführer. Man könnte den Damavand schon besteigen, aber momentan ist das Wetter zu wechselhaft. Einer will 500€ der andere 120€. Das Permit kostet nochmal 50€. Um den Weg mit den Fahrrad zu befahren mußte ich 1000000 Rial bezahlen ( 3,20€)

Gesamtstrecke: 6726 m
Gesamtanstieg: 635 m
Gesamtabstieg: -47 m
Gesamtzeit: 03:00:16
Download file: 2022-05-04%2010_03_46#6km69#588m#3h0.gpx

5.05.2022 Die Wetterlage ist zu instabil für längere Wanderungen in den Bergen. Entschließe mich ans kaspische Meer zu fahren. Die Gegenrichtung hat 50Km Stau, von Heimkehrenden Teheranern.

6.05.2022 In Mahmudabad, ca. 20 Km nach Amol treffe ich auf die Küste und bleibe auch gleich bis zum nächsten Morgen hier. Beobachte das Strandgeschehen. Es ist Freitag und entsprechend viel los. Das kaspische Meer ist eigentlich ein Salzsee und der größte See der Erde. Der See befindet sich 28m unter dem Meeresspiegel.

7.05.2022 Weiterfahrt Richtung Westen zur Sisangan Beach, auf einen Camping/Picknick- Platz

8.05.2022 Kleine MTB Tour in das üppig grüne Hinterland. Das Klima und somit die Vegetation komplett anders als das was ich bisher vom Iran kennengelernt habe. Ein schöner Weg, wobei ich mir nicht immer sicher war wo ich da rauskomme. Menschenleer. Durch den Regen der letzten Tage aufgeweicht, aber herrlich klare frische Luft…bisschen wie zu Hause. Das erste Mal dass ich eine Mountainbike-Tour unterhalb des Meeresspiegel beginne. Die Software meiner GPS App geht anscheinend nur bis Null.

Gesamtstrecke: 21648 m
Gesamtanstieg: 635 m
Gesamtabstieg: -635 m
Gesamtzeit: 02:06:35
Download file: 2022-05-08%2010_19_32#21km56#427m#2h6.gpx

9.05.2022 Heute soll es auf die Tschalus-Road gehen, wieder in die Berge, in das größte Skigebiet Irans. Zunächst aber mit Stopp in der Stadt Tschalus, um Geld zu wechseln und die SIM-Karte aufzuladen. Die Passstraße ist sehr spektakulär und schwindeleregend. Man hat aber immer mit Steinschlag und rutschenden Hängen zu tun, deshalb wird an einer neuen Straße bzw. Autobahn schon kräftig gearbeitet. Viele Tunnel sind im Bau.

10.05.2022 Habe auf den Parkplatz des Touristhotel übernachtet. Alles hat Scharm der 70ger Jahre. Seit dem ist nicht mehr viel erneuert worden. Auch die Seilbahn ist aus dieser Zeit. Tourismus hat keine Priorität im Iran und Privatinvestoren gibt es keine bzw. sind nicht erwünscht.

Ich mache eine MTB-Tour zur Gipfelstation und teilweise über die Piste zurück. Teilweise deshalb, weil oben noch zu viel Schnee liegt. Die Straße ist gesperrt, wird gerade neu gebaut. Ich brauchte eine Ausnahmegenehmigung. Wurde wohl dann auch bei den Bautrupp angekündigt, dass da ein verrückter Ausländer den Berg mit den Rad hochkommt.

11.05.2022 Übernachtet habe ich auf eine Picknick -und Campingplatz (Dr. Motamed Family Garden) ca. 15km vor der Amir-Kabir-Talsperre. Auf diesen Abschnitt gibt es einige Tunnels, welche halbe Tropfsteinhöhlen sind. Mußte Scheibenwischer einschalten. Kurz nach der Talsperre habe ich mir den Haft Cheshmeh Waterfall angesehen und später noch einen Abstecher Richtung Khur-Skigebiet gemacht.

Weiterfahrt über Qazvin auf der Bahram Abad Straße Richtung Alamut Valley. Bin aber nicht mehr bis ins Tal hinab gefahren, wieder über 1000 Höhenmeter Serpentinen. Mit über 3 Tonnen und schwachen Bremsen ist das ganz schön anstrengend. Bin dann zurück bis zum Pass auf knapp 2200 m zu einen kleinen Restaurant wo ich über Nacht geblieben bin.

12.05.2022 Von meinen Stellplatz geht die Straße zur Seilbahn des kleinen Skigebietes am Berg Kaafar Meydan(2632m). Dort bin ich dann auf einen Forstweg mit den Rad hoch. Die Seilbahn hatte geschlossen, so war ich ganz allein auf den Berg

13.05.2022 Nach Dauerregen am Vormittag, schau ich mir nachmittags die Stadt Rascht etwas an. Es ist Freitag und deshalb sind viele Geschäfte geschlossen. Keine Stadt mit großen Sehenswürdigkeiten, aber eben etwas anders. Wirkt sogar etwas europäisch, die Architektur die Vegetation.

14.05.2022 Besichtigung der Rudkhan-Festung, ca. 40km südwestlich von Rascht. Eingebettet in wunderschönen dichten und sattgrünen Regenwald. Obwohl Wochenende vorbei, sind noch viele iranische Ausflügler unterwegs. …und ein Ehepaar aus Deutschland habe ich getroffen

Später bin ich noch in das Dorf Masuleh gefahren. Von Rascht auch in etwas einer Stunde zu erreichen. Ähnlich wie das Dorf im Zagrosgebirge sind auch hier die Häuser aneinander und übereinander an den Hang geklebt und die Dächer dienen als Fußweg und Terrasse. Nur ist hier alles eine lange Zeit später entstanden, mit moderneren Baumaterialien. Das Dorf ist auch lang nicht so tief in den Bergen.

Am Abend bin ich noch weiter ans kaspische Meer gefahren. Zwei Nächte habe ich auf einen Campingplatz nahe Rezvanshahr verbracht. Der Platz ziemlich verwahrlost, überall Müll, Gebäude, Toiletten und Duschen alles defekt. Der Manager sagte mir, dass es der Stadt gehört und sie investieren nichts, auch nicht in Wartung.

16.05.2022 Heut ist wieder eine Passstraße auf den Programm. Es ist die 22 und führt den Bezirk Ardabil. Über die Stadt Ardabil werde ich auch später nach Täbris fahren. Jedenfalls ist es eine schöne Straße, könnte auch irgendwo in den Alpen sein, von der Landschaft her.

Kurz vor Ardabil lege ich eine Übernachtung ein, um am nächsten Morgen zum Neur-See auf 2500m mit den Rad zu fahren.

18.05.2022 Treffe mich mit Ali zu einen Basarbesuch. Mache noch paar kleine Einkäufe, trinken Kaffee und letztlich kaufe ich mir doch noch ein Souvenir in Form eines Nomaden- Kelim.

19.05.2022 Heut fahre ich in das Felsendorf Kandovan, etwa eine Stunde südwestlich von Täbris, Nahe des Sahand-Gipfel. Ähnlich wie in Kappadokien haben die Menschen ihre Behausungen in den Fels geschlagen. Auch hier ist das Gestein vulkanischen Ursprungs. Es leben noch Menschen in diesen Felsen, andere Wohnungen bieten sie zum Übernachten an. Es sind auch schon viele neue Häuser aus Ziegel entstanden.

Am Nachmittag mache ich mich noch auf den Weg Richtung Grenze. Iran verabschiedet sich mit schönen Blicken auf die Berge Azerbaijans sowie einer wunderschönen Fahrt durch das Arastal bis zur Grenzstation nach Nordooz

Iran war eine schöne Erfahrung. Sehr vielfältig, an Landschaft, Klima, Kultur und Menschen. Überall waren die Menschen besonders freundlich, liebenswert und hilfsbereit. Natürlich sind sie auch sehr neugierig. Viele Touristen kommen nicht mit den Wohnmobil in den Iran und vor allem nicht in manch abgelegene Region. Selbst in 6 Wochen habe ich nur ein Bruchteil des Landes gesehen. Touristische Infrastruktur gibt es kaum und von Seiten des Staates gibt es da auch wenig Initiative bzw. Interesse. Vieles scheint 1979 zum Stillstand gekommen zu sein.

Die größte Herausforderung waren sicher die Straßen und insbesondere das Fahrverhalten der Iraner. Solch eine Ignoranz von Regeln habe ich selten in der Welt gesehen. Man mußte einfach immer mit allem rechnen, deshalb war schnell Fahren sehr riskant. Am ende bin ich sehr froh ohne Autoschaden davongekommen zu sein.

Ich hatte viele schöne Begegnungen und viele Erlebnisse die immer in Erinnerung bleiben werden.

So chaotisch der Grenzübertritt bei der Einreise war, so unkompliziert war es bei der Ausreise. In 15min war alles erledigt. Jetzt waren es die Armenier diejenigen die es kompliziert machten.

Ende Iran 2022 Teil 2

Beitrag erstellt 21

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ähnliche Beiträge

Beginne damit, deinen Suchbegriff oben einzugeben und drücke Enter für die Suche. Drücke ESC, um abzubrechen.

Zurück nach oben